Vereinigtes Königreich / Biographie

Evelyn Lipmann


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Evelyn Lipmann überlebte vier Konzentrationslager und wurde im April 1945 aus dem KZ Salzwedel befreit. 1947 zog sie ins englische Walton-on-Thames. Erst vor kurzem sprach sie erstmals ausführlich über ihre Zeit in den Lagern und die Befreiung durch die Alliierten.

Evelyn Lipmann ist eine von vielen bemerkenswerten Holocaust-Überlebenden, die nach der Befreiung tausender Juden aus den Nazi-Konzentrationslagern nach England übersiedelten. Evelyn wuchs vor Kriegsausbruch in Wien auf. Aufgrund der Beschränkungen, die den Juden nach der Annexion Österreichs 1938 auferlegt wurden, fanden ihre Kindheit und ihre Ausbildung ein jähes Ende. Trotzdem besuchte sie gerne Kunstkurse, wobei sie heimlich ihren gelben Stern entfernte, um unerkannt teilnehmen zu können. Ab 1940 sahen sich Evelyn und ihre Familie noch stärkerem Antisemitismus ausgesetzt. Sie wurden gezwungen, jeden Tag stundenlang deutsche Nazi-Uniformen anzufertigen und standen praktisch unter Hausarrest. 

Ihre Familie wurde 1943 zunächst zwangsweise ins KZ Theresienstadt und später in die Lager Auschwitz, Bergen-Belsen und Salzwedel umgesiedelt. Bei der Ankunft in Auschwitz wurden die Familienmitglieder getrennt. Ihre Kleidung wurde beschlagnahmt und verbrannt und sie wurde mit einer Nummer tätowiert. Ihre Mutter log über ihr Alter, in der Hoffnung, als Arbeitskraft ausgewählt zu werden und so eine höhere Überlebenschance zu haben. Dadurch überlebten sowohl sie als auch Evelyn den Krieg, ein überaus seltenes Ereignis, da die Nazis zumeist nur junge und fitte Menschen verschonten. Über den Verbleib ihres Vaters ist nur wenig bekannt, außer dass er die Tortur nicht überlebte. Sie wurden untersucht und dann vor die Wahl gestellt, in Bergen-Belsen zu bleiben oder in das Arbeitslager Salzwedel zu ziehen. Sie entschieden sich für Letzteres. Dort dienten sie als Zwangsarbeiter in der Munitionsproduktion. Evelyn und ihre Mutter überlebten achtzehn Monate in den Lagern, bevor sie im April 1945 von der 9. US-Armee befreit wurden. Evelyn blieb jedoch zunächst vor Ort, um sich vom Fleckfieber zu erholen, mit dem sie sich im Lager infiziert hatte. Bevor sie die Rückreise nach Wien antrat, die sie größtenteils zu Fuß zurücklegen musste, erhielt sie eine Seite aus einem Kinderatlas, die ihr helfen sollte, den Weg zu finden. Die Reise dauerte jedoch länger als erwartet, da viele Gebiete unter russischer Kontrolle unpassierbar waren. Im Oktober 1945 erreichte sie ein jüdisches Umsiedlungsgebiet in Wien. 

Dort gelang es Evelyn, ein wenig Englisch zu lernen, was ihr einen Job bei den US-Besatzungstruppen einbrachte und sie auf die Umsiedlung nach England vorbereitete. Sie zog nach Walton-on-Thames, da dort bereits Verwandte von ihr wohnten, und lernte dort wenig später ihren Mann kennen und gründete eine Familie. Sie lebt dort bis heute und arbeitet mit dem Holocaust Educational Trust und der Association of Jewish Refugees zusammen, um ihre Geschichte zu erzählen.